Grüner Tee – ein Lebenselixier

2020/10/14
Aus den getrockneten und behandelten Blättern der Tee-Pflanze Camellia sinensis wird ein Getränk hergestellt, das Koffein und Tannin enthält. Aller Tee, der in Japan produziert wird, ist grüner Tee. Er wächst in den wärmeren Klimazonen, wobei Shizuoka und in letzter Zeit auch verstärkt Kyushu die Hauptanbaugebiete sind. Die buschartigen Pflanzen werden in Reihen gesetzt und etwa auf eine Höhe von 90 – 120 cm getrimmt. Das erleichtert einerseits das Pflücken und regt andererseits die Pflanzen zu einer verstärkten Blätterproduktion an, um die geringe Höhe zu kompensieren. Die jungen Blätter werden etwa alle 40 Tage von Hand gesammelt. Ursprünglich ist der Tee aus China nach Japan gekommen. Man nimmt allgemein an, dass der buddhistische Mönch Eisai als erster mitgebrachte Samen auf dem Gelände seines Tempels anpflanzte. Mit einem Buch, das er "Erhalt der Gesundheit durch Tee-Trinken" betitelte, und in dem er Grünen Tee als eine wundersame Medizin mit einer außerordentlichen Kraft, das menschliche Leben zu verlängern, pries, sorgte er für die Verbreitung des neuartigen Getränks. Bis zum Beginn der Edo-Zeit war der Genuss von Tee vor allem der herrschenden Klasse vorbehalten. Die speziellen Anbautechniken für Gyokuro wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt, und erst im 20. Jahrhundert mit den Möglichkeiten des Massenanbaus durch verbesserte Technologien wurde Tee zum National-Getränk Japans und ist heute aus dem täglichen Leben der Japaner nicht mehr wegzudenken.
Grüner Tee ist nicht gleich grüner Tee. Generell gilt: Je dunkelgrüner die getrockneten Blätter, desto besser ist der Tee. Es gibt eine große Anzahl verschiedener Typen, die von der Art des Anbaus der Teepflanzen, dem verwandten Teil der Pflanze und der Methode zur Behandlung der Blätter abhängen. Die Sorten unterscheiden sich stark, sowohl in Geschmack als auch im Preis. Bei etwa 90% des in Japan hergestellten Tees handelt es sich um Sencha. Die Teeblätter werden nach der Ernte durch Dampf sterilisiert und dadurch vor der Gärung bewahrt. Die Blätter werden sodann gerollt und getrocknet. Durch diesen Prozess behalten sie ihre grüne Farbe. Sencha hat ein recht starkes Aroma und einen frischen Geschmack. Gyokuro ist der hochwertigste japanische Tee. Er wird aus den zartesten Blättern hergestellt. Die Büsche werden während des Anbaus mit Bambus bedeckt. Die tiefgrünen Blätter ergeben einen hell gelb-grünen Tee, der sehr aromatisch ist und im Geschmack etwas sanfter als Sencha. Kamairicha wird nur in Nord-Kyushu in sehr geringer Menge produziert. Die Blätter werden mit sehr großer Temperatur geröstet und getrocknet. Der Tee hat eine rot-braune Farbe und hat einen sehr angenehmen Röst-Geschmack. Bancha ist der Tee von geringster Qualität. Er wird aus den Blättern hergestellt, die bei der Pflückung von anderen Tee-Sorten übrig geblieben sind. Auch solche Tees, die nicht den geschmacklichen Standard von Gyokuro oder Sencha erreicht haben, werden als Bancha bezeichnet. Über Macha berichten wir in der nächsten Ausgabe.
Der charakteristische Geschmack des grünen Tees entsteht durch die Inhaltsstoffe Tannin, Koffein und Amino-Säure. Die Menge des freigesetzten Tannins, das für einen etwas strengeren Geschmack verantwortlich ist, hängt von der Wassertemperatur ab. Die anderen beiden Bestandteile werden von der Temperatur nicht beeinflusst. Dementsprechend gilt: je heißer das Wasser, desto stärker der Geschmack. Hochwertiger Tee wie Gyokuro sollte mit 60 – 80° warmem Wasser aufgebrüht werden, einfachere Tees, wie Bancha entfalten ihr Aroma am besten bei Temperaturen um 95°. Generell gilt: je höher die Wassertemperatur, desto kürzer muss man den Tee ziehen lassen.
Studien der jüngeren Zeit belegen – wie ja bereits von Eisai festgestellt - dass Grüner Tee sich in vielen Bereichen positiv auf die Gesundheit auswirkt. Er soll Blutdruck, Blutzucker und Cholesterinspiegel senken, desinfizierend wirken, gegen Erkältung vorbeugen, vor Lebensmittelvergiftung schützen, das Krebsrisiko verringern und Stress reduzieren. Er ist reich an Mangan, Zink, Eisen und Fluor. Schon eine Tasse am Tag genügt, um die Karieshäufigkeit bei Schulkindern zu halbieren. Der Tee ist außerdem alkalisch und wirkt gegen Übersäuerung. Die verschiedenen aromatisierten Teesorten, von Mango bis Vanille, die in jüngerer Zeit in Deutschland auf den Markt gekommen sind, sind für die meisten Asiaten ein Sakrileg: Sie genießen Grünen Tee naturell und ohne Zucker.

Quelle: Kodansha Encyclopedia of Japan